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Weihnachten auf 3 Rädern

Noch kurz vor Weihnachten steht der Firma BOOM TRIKES eine aussergewöhnliche Reise, mit über 1425 km, an die Dalmatinische Küste bevor. Für den neuen Produktkatalog und einen kleinen Trailer sollen Fotos geschossen und ein kleiner Film gedreht werden. Aber vordergründig sollen unsere neuen BOOM Modelle auf Herz und Nieren getestet werden. Mit von der Partie sind die beiden Geschäftsführer Wolfgang Merkle und Hermann Böhm, die beiden BOOM Mitarbeiter Reno und Stefan, der Industriefotograf Richard Menzel und ich.

1.Tag

Die drei Trikes sind in den beiden Mercedesbussen verstaut, der Mustang Kompressor und der Muscle sind an entsprechenden Abschleppvorrichtungen unserer Busse befestigt – es kann losgehen. Punkt neun Uhr, bei eisigen –15 °C starten wir von Sontheim an der Brenz über die A8 direkt in Richtung Süden. So schnell wie möglich wollen wir der klirrenden Kälte und dem Nebel der rauen Alb den Rücken kehren, mit der Hoffnung auf etwas Wärme, blauen Himmel und natürlich Spass, was mit eine wichtige Voraussetzung für erfolgreiche Testfahrten und gute Fotoshootings ist. Nach etwa 370 Kilometer, kurz vor der slowenischen Grenze, gönnen wir uns einen kleinen Imbiss, und ich bin froh, endlich meinen hungrigen Magen mit einer ausgiebigen Vesper zu stillen. Anschliessend nehmen wir die zweite, viel grössere Etappe nach Šibenik in Angriff. An der slowenisch-kroatischen Grenze dann die erste Hürde. Der erste Bus mit Wolfgang, Hermann und Reno kann das Grenzhäuschen problemlos passieren Doch bei uns gibt es ein resolutes „Stopp“.

Der Zollbeamte ist alles andere als freundlich. Er lässt uns wider Erwarten nicht einreisen. Unsere „Reisegruppe“ vom zweiten Bus hatte vergessen, eine slowenische Vignette zu kaufen. Lag es an unseren wirklich interessanten Gesprächsthemen oder vielleicht doch daran, dass die Hinweisschilder nicht sichtbar waren? 150 Euro in bar kostet uns der Spass, um dann nach einigem hin und her endlich weiter reisen zu dürfen. Auf der gut ausgebauten A1 geht es etwas über 300 Kilometer weiter nach Šibenik. Nach der Durchfahrt eines Tunnels in Mittelkroatien werden meine Erwartungen bezüglich der Temperaturen voll und ganz erfüllt. Die Nadel des Thermometers steigt und steigt. Wir können also unsere Test- und Fotoreise voraussichtlich unter mediterranen Bedingungen durchführen. Etwas müde aber voll motiviert und den Blick auf die bevorstehenden Tage, kommen wir gegen 22 Uhr nach elf Stunden Fahrt am Yachthafen „Marina Mandalina“ in Šibenik an. Das dort verankerte Segelboot von Wolfgang und Hermann wird uns für die nächsten Tage als Unterkunft dienen. Schnell packen wir unsere Sachen aus, um unseren Reisetag mit einer kleine Besichtigungstour durch Šibenik und einem gepflegten Drink in einer Bar ausklingen zu lassen.

2.Tag

Nach einem ausgiebigen Frühstück machen wir unsere Trikes startklar. Bei milden Temperaturen von 15 ° C fahren wir auf der Jadranka Magistrale Richtung Trogir und ich bin froh, nach der langen Busreise endlich den frischen Wind um die Nase zu spüren. Die berühmte Küstenstrasse, die sich von Rijeka 600 Kilometer weit bis Dubrovnik schlängelt, ist für ihre einzigartige Schönheit bekannt. Hinten auf dem bequemen Mustang sitzend und den rasanten aber zugleich sicheren Fahrstil von Reno genießend, eröffnet sich mir ein Anblick einer herrlichen, mediterranen Küste mit wilden Bergen, kleinen pittoresken Orten und glasklarem Meer. Die Luft duftet nach Pinienbäumen – für mich, die sich um diese Jahreszeit meistens auf Weihnachtsmärkten herumtreibt, ein eher ungewöhnlicher Geruch. Einziger Wehrmutstropfen sind die Tempolimits. Vor jeder Kurve, egal wie eng oder weit, werden wir von Tempolimitschildern bis auf 50 und 60 Stundenkilometer zurückgebremst.

In Trogir angekommen, suchen wir eine geeignete Stelle, an der die ersten guten Fotoaufnahmen entstehen sollen. Schnell werden wir fündig. Wir platzierten unsere Trikes auf einer höher gelegenen Ebene, im Hintergrund die historische Altstadt von Trogir mit dem wunderbaren Hafen und seinen hölzernen Segelschiffen. Für die Präsentation eine wirklich tolle Kulisse. Die Stadt ist absolut beeindruckend und ausgesprochen schön. Sie ist ein Touristenmagnet, bekannt durch den 2000 Jahre alten Stadtkern, welcher 1997 von der UNESCO zum Weltkulturerbe ernannt wurde. Nach einem ausgiebigen Mittagessen im malerischen Örtchen Rogoznica fahren wir wieder zurück nach Šibenik, wo wir den Tag in „unserer“ gemütlichen Yachthafenkneipe bei einem kühlen Bier abrunden.

3.Tag

Für diesen Tag haben wir uns eine größere Tour vorgenommen. Mit den Trikes wollen wir in die 305 Kilometer südlich gelegene Stadt Dubrovnik fahren. Glücklich über die beinahe schon frühlingshaften Temperaturen von 13 ° C, verlassen wir um neun Uhr den Yachthafen und biegen auf die Jadranka Magistrale Richtung Süden ab. Es sind einzig und allein die spärlich geschmückten Weihnachtsbäume auf den Verkehrsinseln, die an die Weihnachtszeit erinnern. Nach etwa 90 Kilometer passieren wir Split, die zweitgrößte Stadt in Kroatien. Je weiter wir auf der kurvenreichen Jadranka Magistrale Richtung Süden fahren, desto traumhafter wird die Landschaft. Die gewaltigen Berge, das blaue Meer mit den vielen vorgelagerten Inseln und die frische, mediterrane Brise verleihen ein Gefühl von unendlicher Freiheit. Aufgrund zahlreicher Film- und Fotopausen kommen wir aber nur langsam voran. Wir merken gar nicht, wie schnell die Zeit vergeht und vergessen dabei beinahe, dass der 20. Dezember nicht nur in Deutschland, sondern auch in Kroatien zu den kürzesten Tagen des Jahres zählt.

Zu dieser Jahreszeit ist es nicht leicht, eine Bleibe zu finden. Fast alle Hotels haben geschlossen. Auf unserer Suche kommen wir bis zu dem Ort Ploce; der ca. 70 Kilometer vor Dubrovnik liegt. So sehr ich in den vergangenen Tagen von der Landschaft und den Orten begeistert, ja sogar schon fast euphorisiert war, umso entsetzter und fassungsloser bin ich vom Anblick dieser Stadt. Heruntergekommene Plattenbauten mit verschimmelten Fassaden säumen die Straßen. Von Tourismus keine Spur, vermutlich auch nicht im Sommer. Zu unserem Erstaunen finden wir trotz alledem ein Hotel, das geöffnet hat. Auf dem Parkplatz werden wir sofort von Einheimischen umringt, die mit staunenden Blicken unsere Trikes begutachten. Nach dem Einchecken im Hotel geht es noch ins Zentrum, um uns dort ein bisschen die Füße zu vertreten, vor allem aber um noch etwas Anständiges zum Abendessen zu finden. Zu unserer Überraschung treffen wir auf ein wirklich gutes Restaurant, das sich ausgerechnet in einem dieser hässlichen Gebäude befindet. Doch der Gastraum ist äußerst gemütlich und die Bewirtung sehr gastfreundlich. Die tollsten Fisch- und Fleischplatten werden uns aufgetischt. Der Wirt schenkt uns zum Abschluss sogar noch eine Flasche selbstgebrauten Sliwowitz, den ich jedoch am nächsten Tag zur „Begeisterung“ aller Beteiligten im Hotelzimmer vergesse.

4.Tag

Am nächsten Morgen nach dem Frühstück machen wir uns gegen halb zehn auf den Weg nach Dubrovnik. Die Temperaturen sind bei weitem nicht so angenehm wie die Tage zuvor. Es nieselt leicht und zähe Nebelschwaden, die vom Meer her über die Berge ziehen, verhindern eine klare Sicht. Als wir die Grenze zu Bosnien-Herzegowina erreichen, winken uns die Grenzbeamten freundlich durch. Im Gegensatz dazu werden von nahezu jedem Einheimischen die Papiere akribisch kontrolliert. Auf der Jadranka Magistrale, die sich nun 20 Kilometer durch Bosnien-Herzegowina zieht, geht es weiter Richtung Süden. Gegen 12:30 Uhr erreichen wir Dubrovnik. Mit 50 Stundenkilometern rollen wir an der imposanten Befestigungsmauer vorbei, hinter welcher sich die historische Altstadt verbirgt. Mit ihrem einzigartigen Flair offenbart die Stadt ein atemberaubendes Filmpanaroma und unser Fotograf Richard kommt voll und ganz auf seine Kosten. Hupende Autos fahren an uns vorbei. Egal ob jung oder alt, die Menschen bleiben stehen und schauen uns hinterher. Wahrscheinlich ist es das erste Mal, dass sie ein Trike oder ähnliches Gefährt sehen.

Es ist ein gutes Gefühl und wir haben Spass. Trotzdem sorgt der Anblick dieser lebendigen Stadt nicht nur für Euphorie: Vereinzelt entdecke ich Schusslöcher in Häuserfassaden, die heute noch an den schlimmen Krieg erinnern, der gerade mal 18 Jahre zurückliegt. Ein Mahnmal, das mich inne halten lässt. Gegen 14 Uhr peilen wir die 305 Kilometer lange Rückfahrt nach Šibenik an. Zwei Fahrern von uns wird die kurvenreiche Küstenstraße, die zum zu schnell fahren geradezu verführt, zum Verhängnis. Mit einer großen Geschwindigkeitsüberschreitung werden sie von Polizisten am Ortsausgang gnadenlos geblitzt, und so müssen sie auf der Stelle 1000 Kuna in bar, umgerechnet über 140 Euro, bezahlen. Gegen 20 Uhr kommen wir schließlich am Yachthafen in Šibenik an, wo wir den Abend, wie gewohnt, in der besagten Yachthafenkneipe ausklingen lassen.

5.Tag

Den letzten Tag wollen die meisten von uns etwas ruhiger angehen lassen. Nachdem wir unsere Trikes geputzt und einer ausführlichen Inspektion unterzogen haben, kann ich endlich ganz gemütlich durch das Stadtchen Šibenik schlendern. Dort erledige ich meine letzten Weihnachtseinkäufe und werde bei der riesigen Auswahl an mediterranen Köstlichkeiten, wie beispielsweise Oliven, getrocknete Tomaten und Schinken, schnell fündig. Gegen Nachmittag fahren wir in die nahgelegene Stadt Murter und kehren dort in ein uriges Restaurant ein – für mich vorerst das letzte Mal, mich mit kroatischen Spezialitäten verwöhnen zu lassen.

6. - 11. Tag

Während Hermann, Stefan, Richard und ich in den beiden Bussen den Heimweg antreten – schließlich wollen wir am 24. Dezember pünktlich zu Hause sein - geht die Testfahrt für Wolfgang, Reno und Roland, der inzwischen dazugekommen ist, erst richtig los. Auf dem Mustang, der Intruder 1800 und Shadow 750 wollen sie über Montenegro und Albanien bis in die annähernd 1500 Kilometer entfernte Stadt Patras in Griechenland fahren. Auf der Jadranska Magistrala, die sich weiter durch das Land Montenegro schlängelt, passieren sie am 8. Tag die albanische Grenze und fahren auf der größtenteils gut ausgebauten Küstenstraße Richtung Süden weiter. Die zweite Reisegruppe beschreibt Albanien als eines der eindrucksvollsten und ursprünglichsten Länder Europas: karg, gebirgig, dünn besiedelt und unverdorben vom Tourismus. Die Menschen sind freundlich und hilfsbereit, ohne aufdringlich zu sein. Im Gegensatz zu manch anderen südeuropäischen Ländern fühlen sie sich hier absolut sicher - von Kriminalität ist keine Spur. Vor allem die für den Tourismus ausgelegte Küstenstraße lässt das Herz eines jeden Motorrad- oder Trikefahrers höher schlagen. Alles andere als Fahrspaß erleben sie hingegen in der Hauptstadt Tirana: postsozialistische Industrieruinen, Müllhalden, von riesigen Schlaglöchern durchsetzte Straßen und chaotische Verkehrsverhältnisse prägen das Stadtbild und machen ein reibungslose Fahren nur schwer möglich.

Nach anstrengenden, aber zugleich atemberaubenden 1425 Kilometern kommen Reno, Roland und Wolfang schließlich am 10. Tag in Patras an. Von dort aus nehmen sie die 15-stündige Fähre nach Venedig und freuen sich, auf der langen Fahrt ihre müden Knochen auszuspannen zu können. In Venedig angekommen beschließen Reno und Roland (die harten Jungs), bei eisigen Temperaturen die rund 720 Kilometer nach Sontheim mit den Trikes zu bewältigen, während Wolfgang den zweiten Mercedesbus, den unsere erste Reisegruppe nahe der Stadt Udine abgestellt hat, aufgabelt und damit zurückfährt. Am 29. Dezember kommt schließlich auch die zweite Reisegruppe heil und glücklich in Sontheim an der Brenz an.

Text: Catharina Albrecht